Die Omnibus-Richtlinie
Was müssen die Betreiber eines Shops bzw. Mitarbeiter wissen. Wir sind dieser Frage nachgegangen und Marc hat dazu einen Artikel verfasst. Für uns sind solche Neuigkeiten und Änderungen wichtig, damit die Inhalte unsere Weiterbildungen im Bereich E-Commerce auf dem neuesten Stand sind.
Alle Änderungen für Mai 2022 in der Omnibus-Richtlinie
Die EU Verbraucherrechte sollen mit der Initiative “New Deal for Consumers” gestärkt werden. Im Online-Handel wird die Transparenz gegenüber dem Kunden verstärkt und die Regelungen werden modernisiert.
Die Omnibus-Richtlinie ist die rechtliche Grundlage (Richtlinie (EU) 2019/2161), die zahlreiche Anpassungen im Verbraucher- und Wettbewerbsrecht mit sich bringt. Die Umsetzung war für den 28. Mai geplant.
Werden gegen die Richtlinien verstoßen, drohen Abmahnungen. Bei Verstößen mit Unions-Dimension drohen Bußgelder von mindestens 4 % des Jahresumsatzes oder von mindestens 2 Millionen Euro, wenn es keine Informationen zum Umsatz gibt.
Die wichtigsten Änderungen im Überblick
- Bei Rabattaktionen muss der niedrigste Preis von mindestens 30 Tage vor der Preisermäßigung angezeigt werden
- Händler müssen Produktbewertungen auf Echtheit prüfen. Bei einer Überprüfung muss erwähnt werden, wie die Echtheit der Bewertungen geprüft wurde
- Bei Wettbewerbsverstößen können Verbraucher einen Schadensersatz geltend machen
- Änderungen in der Widerrufsbelehrung für digitale Produkte
- Auf Online-Marktplätzen muss darüber informiert werden, ob das Produkt von einem privaten oder gewerblichen Verkäufer angeboten wird
- Online-Marktplätze müssen außerdem darüber informieren, wie die Hauptparameter und deren relative Gewichtung, die Rankings von Suchergebnissen beeinflussen
Neuerungen in Preisdarstellungen
Preisangabenverordnung (PAngV)
30-Tage-Regel bei Rabatt-Werbung
Viele große Online-Händler heben ihre Preise an, um die Kunden dann mit attraktiven Rabatten anzulocken. Oftmals fallen auch kleine Händler auf falsche beziehungsweise irreführende Rabatt-Werbungen hinein.
Mit der Omnibus-Richtlinie wird Rechtssicherheit und Klarheit seitens des Händlers verschafft. Die 30-Tage-Regel für Rabatte gilt, wenn Händler verpflichtet sind, einen Gesamtpreis anzugeben. Bei Rabatten und Streichpreisen, müssen Sie sich auf den niedrigsten Gesamtpreis der vergangenen 30 Tage, vor der aktuellen Rabatt-Aktion beziehen.
Wenn Sie schrittweise eine, ohne Unterbrechung ansteigende Preisermäßigung vornehmen, ist es nicht notwendig, jede Reduzierung erneut mit dem niedrigsten Gesamtpreis der letzten 30 Tage zu vergleichen. Ausschlaggebendes Datum ist hier der Beginn der fortlaufenden Aktion.
In der Praxis
Als Streichpreis darf jetzt nur noch der niedrigste Gesamtpreis der letzten 30 Tage verwendet werden.
Als Beispiel: In der Vorweihnachtszeit bietet ein Händler Schmuck für 49,99 Euro an. Kurz vor Weihnachten erhöht er die Preise noch einmal stark an, um von den Last-Minute-Käufern Profit zuschlagen. Nun kostet der Schmuck 59,99 Euro. Nach Weihnachten will er Platz im Lager schaffen und bietet die Saisonware wesentlich billiger an. Er verlangt jetzt nur noch 29,99 Euro. Um die Kunden zu locken, soll natürlich mit dem vorherigen Preis und einer möglichst hohen Prozentzahl geworben werden.
Wichtig: Um die Richtlinien aus der Preisangabenverordnung zu erfüllen, muss der Händler als Ausgangspunkt für einen Lagerverkauf den Vorweihnachtspreis mit 49,99 Euro verwenden. Es darf auf keinen Fall, mit den höheren Weihnachtspreisen, als Basis für die Rabattaktion geworben werden.
Die 30-Tage-Regel gilt nicht bei
- individuellen Preisermäßigungen
- Preisermäßigungen für Waren, mit kurzer Haltbarkeit oder Waren, die schnell verderblich sind, wenn für den Kunden kenntlich gemacht wird, dass die Preissenkung einen möglichen Verfall vermeiden soll
- Aussagen, die sich nicht auf einen konkreten, zuvor höheren Preis beziehen
- Gratisbeigaben, wenn das Produkt zum selben Preis verkauft wird, zum Beispiel „3 für 2“ oder „1 + 1 gratis“
- Preisvergleichen mit der unverbindlichen Preisempfehlung (UVP)
- B2B-Geschäften
Angabe des Grundpreises
Die Angaben der Grundpreise werden durch die Anpassung der Preisangabenverordnung vereinheitlicht. Angaben von 100 Millilitern oder 100 Gramm sind nicht mehr zulässig.
Jetzt werden stattdessen Grundpreise für Produkte mit einem typischen Nennvolumen von 250 Gramm bzw. 250 Milliliter künftig pro einem Kilogramm bzw. Liter angegeben. Die Angaben für Produkte, die nach Fläche oder Länge verkauft werden, ändern sich nicht. Hier werden die Grundpreise weiterhin pro einen Meter bzw. Quadratmeter angegeben.
Wie die Grundpreise beschrieben werden sollen, wurde jetzt an das europäische Recht angepasst.
Kenntlichmachung von Pfandbeträgen
Bei Einweg- und Mehrwegflaschen, muss die Höhe des Pfandbetrages neben dem Gesamtpreis dargestellt werden. Zukünftig darf der Betrag nicht in den Gesamtpreis verrechnet werden.
Als Beispiel:
- Früher: Getränk inklusive Pfand 1,49 €
- Jetzt: Getränk 1,24 € zzgl. 0,25 € Pfand
Die Informationspflicht bei automatisierten Preise
Werden Preise algorithmisch zum Beispiel durch die Kauffrequenz der Kunden generiert, muss dies dem Kunden angezeigt werden.
Vorstoß gegen gefälschte Kundenbewertungen
Der Händler steht jetzt in der Pflicht, Bewertungen auf ihre Echtheit zu prüfen und dafür zu sorgen, dass sie von Kunden stammen, die das Produkt tatsächlich erworben haben. Dadurch erhalten Verbraucher mehr Transparenz. Kundenbewertungen, die Sie nicht selbst erheben, sondern Dritte, sind nicht betroffen. Um keine Abmahnungen zu erhalten, müssen Händler den Kunden mitteilen, ob und wie sie die Echtheit der Bewertungen prüfen oder geprüft haben.
Verbraucher können Schadenersatz verlangen
Beim Verstoß gegen das UWG, Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb, ist es jetzt zum ersten Mal möglich, einen Anspruch auf Schadensersatz als Verbraucher zu erheben. Der Anspruch besteht erst dann, wenn ein Unternehmen vorsätzlich oder fahrlässig gegen das UWG verstößt.
Fallbeispiele:
- „Anlockfallen“ im Handel, die zu mehr Aufwand beim Kunden führt. Die Ware wird besonders günstig gekauft. Die tatsächliche Menge, um die zu erwartende Nachfrage zu decken, ist nicht vorhanden
- Die Notlage von Kunden ausnutzen (z. B. Schlüsseldienst)
- Gewährleistungsansprüche können nicht mehr nur gegen den Verkäufer, sondern auch gegen den Hersteller geltend gemacht werden
Änderungen im Widerrufsrecht
Verträge über digitale Inhalte und Dienstleistungen
Die bestimmten Informationspflichten von Händlern werden auch auf digitale Inhalte ausgeweitet. Digitale Inhalte bezeichnet Produkte, die im Internet direkt heruntergeladen werden können. Zu den Inhalten zählen Softwares, Clouds, Datei-Hosting oder Streamingdienste.
Wenn Sie diese Produkte oder Leistungen anbieten, müssen Sie die Kunden…
- darauf hinweisen, dass auch für digitale Produkte die gesetzliche Mängelhaftung besteht
- über die Funktionalität, Kompatibilität, Interoperabilität und gegebenenfalls technische Schutzmaßnahmen von digitalen Produkten informieren
Das Gesetz erkennt erstmals den Kauf von digitalen Inhalten mit personenbezogenen Daten an.
Widerrufsbelehrung
Musterwiderrufsbelehrungen müssen jetzt keine Faxnummern mehr enthalten.
Neue Pflichten für Marktplatz-Betreiber
Marktplatz-Betreiber müssen jetzt deutlich machen, ob Sie bei Verkäufen als Privatperson oder ein Unternehmen fungieren.
Onlinebetreiber wie von Vergleichsportalen und Suchmaschinen müssen kommunizieren, welche Hauptparameter für ein Ranking ausschlaggebend ist und wie die Gewichtung erfolgt. Versteckte Werbungen dürfen dabei keinen Einfluss auf das Ranking haben. Werbeanzeigen müssen in den Suchergebnissen gekennzeichnet werden.